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Siebdruck für einen guten Zweck - Die offene SiebDruckWerkstatt Neuköln

2013-12-19 11:00:00 / Stories

Um mein Vor-Ort-Sein hier in Berlin näher & entdeckerischer zu Nutzen, will ich Euch einiges aus der breiten Siebdruckszene der Stadt vorstellen. Von Kollektiven, einzelnen Künstlern bis hin zu Siebdruckwerstätten findet sich hier alles, was sich aus einer Begeisterung für die Druckmethode entwickeln könnte. Einen genaueren Blick durfte ich auf die offene Siebdruckwerkstatt Neuköln werfen. - Text/Bilder: Johannes

Direkt vom Fußgängerweg aus betrete ich einen lichtdurchfluteten Raum. Alles wirkt beherrscht von einer Atmosphäre des Improvisierten. Von der Decke schimmert eine Discokugel, in der hinteren Ecke des Raums steht ein zum Drucktisch umfunktionierter Kicker, nicht weit davon entfernt ein großes Trockengestell für fertige Drucke. An den Wänden Kunstwerke, überall im Raum verteilt Materialien, zwei Frauen unterhalten sich auf Englisch und aus Räumen im hinteren Teil des Hauses klingt Arbeitslärm. Alles wirkt improvisiert und doch bleibt das Gefühl eines professionellen & funktionierenden Betriebs. Und dennoch fühle ich mich mit dem ersten Schritt hinein bereits wohl. Ein junger Mann, Thomas, begrüßt mich, wir setzen uns. Ich bin in der SDW, der offenen SiebDruckWerkstatt Neuköln in der Pflügerstraße 11.

Die Enstehungsgeschichte der nun seit 2006 bestehenden Werkstatt ist eine ungewöhnliche aber eine umso interessantere. Alles entstand weniger aus einem vermeintlich künstlerisch motivierten Grund als aus einem sozialen. 2006 erregten die Ereignisse an der Berliner Rütli Schule deutschlandweit für Aufsehen. Mit nur 267 Schülern forderte das dortige Lehrerkollegium, aufgrund der hohen Gewaltbereitschaft im gesamten sozialen Umfeld der Schule, die Schließung dieser und ein Aussetzen des Unterrichts. Was innenpolitisch im Land zu Debatte wurde, war für den damaligen Soziologie-Studenten Thomas und einiger seiner Kommilitonen Anlass für Eigeninitiative. „Wir wollten ein Statement machen:“ erzählt er mir. Gemeinsam sollte den Schülern ein Projekt angeboten werden, ein Statement gegen den nicht stattfindenden Unterricht und die Entfremdung des schulischen Umfelds von seinem eigentlichen Zweck. Dazu machten sich die Studenten mit dem Siebdruck vertraut. Und setzen so ihre Idee um, indem sie zusammen mit den Schülern begannen T-Shirts & Pullover zu bedrucken, welche schlicht das Wort „RÜTLI“ in großen Buchstaben präsentierten. So kam alles ins Rollen und was in bereitschaftlichem Aktivismus gegen soziale Missstände seinen Anfang fand, entwickelte sich zur heutigen Offenen Siebdruckwerkstatt Neuköln weiter. Heute leben rund vier Leute von der Arbeit als Teil des Teams der Werkstatt. Doch weit mehr sind beteiligt, arbeiten ehrenamtlich, stellen den Aspekt des kreativen, selbst gestalteten Arbeitens in den Vordergrund.
Das Verfahren in vollem Umfang nutzend, bieten Thomas und seine Leute die Möglichkeit an, Siebdruck in allen erdenklichen Formen umzusetzen. Ob live, in der Werkstatt, außerhalb, mit Klassen, Gruppen oder Vereinen oder für Privatleute und Künstler – alle Projektarten sind machbar. Auch was die Druckmedien angeht ist viel möglich, mehr als nur der Druck auf Textilien und Papier. Kunststoff, Plexiglas und sogar Spiegel werden in Projekten verwendet.“Eigentlich kann alles bedruckt werden. Solang es ein flacher Untergrund ist.“

Offene Werkstatt bedeutet hierbei, dass jeder die Werkstatt für seine Zwecke nutzen kann. Zu einen Preis von 17,85 € am Tag (aber auch mehr kann gezahlt werden) und der Voraussetzung, dass man sein Material selbst mitbringt und „dass man drucken kann. Theoretisch reicht auch nicht, man muss vorher schon mal gedruckt haben.“ erklärt Thomas. Mit diesem niedrigen Preis, soll auch Leuten mit weniger finanziellen Mitteln die Möglichkeit geboten werden, die Werkstatt zu nutzen. Druckmaterialien werden ebenfalls angeboten, zum Kauf oder als Leihgabe. So kann sich das Unternehmen erhalten. Aber es kann nicht jedem das Drucken komplett beigebracht werden, dafür reicht die Zeit nicht. Schließlich leben Thomas und seine Mitarbeiter von ihrer Arbeit. Für alle Interessierten werden Workshops angeboten, wie beispielsweise für die Tanzgruppe, die kurz vor meinem Eintreffen die Werkstatt besucht hat, um unter Anleitung eigene T-Shirts zu bedrucken.

Beeindruckt von Thomas, seinem Team und ihrer Arbeit verabschiede ich mich und bin gespannt darauf, was es noch alles hier in Berlin für Siebdruck-Enthusiasten gibt. Ein paar Tipps habe ich schon bekommen, und für alle, die selbst vor Ort noch mehr sehen wollen: Vom 6. bis zum 22. Dezember 2013 findet im Berliner Stadtteil Wedding das Siebdruckfestival "Druck Berlin Print Festival 2013" statt.


Links:

www.sdw-neukoelln.de

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